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Montag, 11. Juli 2022

Der Blick nach vorn: Oh wie schön war Bullerbü!


Das Werk der schwedischen Autorin Astrid Lindgren aus dem Jahr 1947 beschreibt ein Idyll, das die Kindheit vieler Menschen geprägt hat. Die dreiteilige Geschichte handelt von Erinnerungen der siebenjährigen Lisa in dem fiktiven schwedischen Weiler Bullerbü. In einer gewissen kindlichen Verklärtheit finden zahlreiche Abenteuer, aber auch Härten des damaligen Lebens Erwähnung. Alles in allem beschreiben die Geschichten ein Idyll der guten alten Zeit. Jetzt steht Lindgrens Heimatland vor der Aufnahme in die NATO und wir alle stellen fest, dass es mit der friedlichen Idylle der letzten Jahrzehnte wohl vorerst vorbei sein dürfte (Bild: Pixabay/M_W).

Nicht ohne Ironie wird Greta Thunberg in einem NZZ-Artikel aus dem Jahr 2019 als „das Bullerbü-Mädchen, das den Teufel an die Wand malt“ beschrieben. 2019, Sie erinnern sich: das ist das Jahr, das der Corona-Pandemie zwei Ziffern (Covid-19) ausgeliehen hat. Die damals 16-jährige Schwedin hatte seinerzeit für Aufsehen gesorgt, als sie konsequenterweise mit einem Segelboot den Atlantik überquerte. Unvergessen ihre anschließende Rede auf dem UN-Klimagipfel.

"Menschen leiden, Menschen sterben, ganze Ökosysteme kollabieren. Wir sind am Anfang eines Massen-Aussterbens, und alles, worüber Sie reden können, sind Geld und Märchen vom ewigen wirtschaftlichen Wachstum. How dare you?!", lautete ihr verzweifelter Vorwurf. Heute, nur drei Jahre später, ringt die Klimakrise mit der nicht enden wollenden Corona-Pandemie und dem brutalen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine um unsere knappe Aufmerksamkeit. Das 1,5-Grad-Ziel zur Vermeidung katastrophaler Klimafolgen rückt angesichts subventionierter Kraftstoffe und reaktivierter Kohlekraftwerke in immer weitere Ferne.

An mögliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im bevorstehenden Herbst und Winter möchte in der Veranstaltungswirtschaft derzeit angesichts immer neuer Virusvarianten und einer neuerlich drohenden Planlosigkeit in der öffentlichen Verwaltung kaum jemand denken. Von den Auswirkungen eines immer unberechenbarer erscheinenden Aggressors an der Spitze Russlands ganz zu schweigen. Es ist offensichtlich: Unser Bullerbü-Idyll wird von allen Seiten unter Beschuss genommen.

Was also tun? Wenn uns die Errungenschaften wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie etwas wert sind, dann müssen wir sie verteidigen. In der Praxis heißt das: Wir müssen äußerst sparsam mit Energie umgehen, vor allem mit der, die aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Wir Messemenschen müssen insbesondere dafür Sorge tragen, dass wir nur so viele Ressourcen für unsere Veranstaltungen einsetzen, wie unbedingt nötig. Und dass wir unsere Gäste zu klimafreundlichem Verhalten ermuntern – bei der An- und Abreise genauso wie vor Ort. Ansätze dafür gibt es zuhauf, wie die zurückliegende Messefachtagung in Hamburg gezeigt hat. Bei allem Schlamassel schlagen wir damit auch gleich noch die zweite Fliege mit einer Klappe: Jeder Kubikmeter Gas und jedes Barrel Öl, das wir nicht verbrauchen, schränkt den Handlungsspielraum Russlands für weitere kriegerische Handlungen unmittelbar ein.

Was den dritten Corona-Winter angeht, müssen wir unseren Bedürfnissen und unserer Leistungsfähigkeit als Orte sicherer Begegnung weiter Gehör verschaffen. Denn Messen sind (markt-) demokratische Orte des Dialogs und der guten Lösungen für möglichst viele. Das ist zwar kein Bullerbü-Idyll, aber ein wichtiger Baustein für Verständnis, Wohlstand und technischen Fortschritt. Und damit kommen wir auf jeden Fall weiter.