Eine Einschätzung, die er mit den insgesamt 150 Tagungsteilnehmern teilte: „Die Normalität kehrt zunehmend zurück“, fasst Henning Könicke als Geschäftsführender Vorsitzender des FAMA das Stimmungsbild für 2022 zusammen. Ein „Ausnahmejahr“, das geprägt war vom Restart, einem heißen Messe-Sommer mit einer Ballung von Veranstaltungen und einer kontinuierlich ansteigenden Nachfrage. Für das Gesamtjahr bilanziert der Messeverband ein Niveau, das sich von anfangs 50 bis 60 Prozent auf inzwischen 70 Prozent des Vor-Corona-Levels bewegt.
„Das Vertrauen der Aussteller ist wieder da. Die über lange Zeit fehlende Planungssicherheit von Messen ist inzwischen wieder gegeben“, so Könicke. Für das kommende Jahr rechnet er mit einer weiteren Verstetigung dieser Entwicklung und geht von einem Niveau in der Größenordnung von durchschnittlich 80 bis 85 Prozent gegenüber 2019 aus. Ausschlaggebend dafür sei, dass sich die Planung von Budgets wieder an festen Eckpunkten orientieren kann und auch internationale Kunden wieder verstärkt an Messen in Deutschland teilnehmen. „Davon lebt der Messestandort Deutschland, speziell bei den großen internationalen Veranstaltungen im B-to-B-Bereich“, betont Könicke.
Konsumzurückhaltung auf Verbrauchermessen nicht zu spüren
Auch die Verbrauchermessen, die sich direkt an Consumer richten, verzeichnen eine gesunde Entwicklung. Von einer „Konsumzurückhaltung“, wie sie in einzelnen Einzelhandelssegmenten zu beobachten sei, blieben die regionalen Veranstaltungen bislang verschont, berichtet Constanze Kreuser als 1. stellvertretende FAMA-Vorsitzende: „Das Konsumklima ist in den meisten Fällen überraschend ungetrübt. Die Aussteller sind sehr zufrieden mit der Umsatzlage.“ Die nach Ende des Lockdowns anfangs noch zu beobachtende Zurückhaltung beim Besuch von Messen sei inzwischen nahezu vollständig einem „geerdeten Umgang“ gewichen: „Es gibt inzwischen keine erkennbare Schwellenangst mehr beim Besuch von Veranstaltungen“, stellt Kreuser fest.
Renaissance der persönlichen Begegnung – Pricing als Herausforderung
„Wir erleben derzeit eine Renaissance der persönlichen Begegnung“, bestätigt Matthias Schultze, der Managing Director des German Convention Bureau. Deutschland unterstreiche damit seine Rolle als welt- weit wichtigste Destination für Geschäftsreisen, auch im Zusammenspiel von physischen und digitalen Formaten. Eine Substitution sei dabei nicht zu erkennen, meint auch Tom Winter, CEO der Schweizer Bernexpo AG. Er stellte im Rahmen der Tagung gelungene Beispiele für die „Hybridisierung von Veranstaltungsformaten“ vor. Besonders herausfordernd – auch angesichts der aktuellen Kostenexplosion – sei jedoch das Pricing im Messe- und Veranstaltungsgeschäft: „Der Quadratmeter wird auf Dauer nicht die einzige Währung im Messegeschäft sein. Die Bepreisung und Monetarisierung neuer Produkte und Leistungen wird zunehmend wichtiger“. Dessen sind sich Dr. Katharina Wüllner, Vocatus AG, und Juliane Jähnke, agendum, sehr sicher.
Deutliche Kritik an geplanten Kürzungen im Auslandsmesseprogramm
Auf Unverständnis und deutliche Kritik stießen dagegen die Pläne des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, die Mittel für die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen auf Auslandsmes- sen massiv zu kürzen: „Davon betroffen sind vor allem junge Unternehmen und Start-Ups, die durch ihre Innovationskraft von besonderer Bedeutung für den Technologiestandort Deutschland sind. Hier, nach zwei Jahren des Messestillstands, Mittel zu kürzen, anstatt sie aufzustocken, ist sicherlich das absolut falsche Signal“, so Henning Könicke.
Ursprünglich war für das Auslandsmesseprogramm, mit dem deutsche Gemeinschaftsstände in 58 Ländern gefördert werden, ein Budget von 43,7 Millionen Euro im Bundeshaushalt eingestellt. Derzeit ist vorgesehen, die Mittel um 16 Prozent auf 36,4 Millionen Euro zu kürzen.
„Angesichts der aktuellen Entwicklung werden wir weiterhin darauf drängen, dass jetzt die Zeit ist, in das Messegeschäft und seine Auslandsaktivitäten zu investieren“, so Könicke. Erst im Oktober hatte der FAMA im Rahmen eines Parlamentarischen Abends das Gespräch mit der Politik gesucht. Insgesamt 70 Abgeordnete und Referentinnen waren der Einladung des „Forum Veranstaltungswirtschaft“ gefolgt. Dem Forum gehören insgesamt sechs Verbände der Veranstaltungswirtschaft an, darunter der FAMA für die Messebranche.
Schulterschluss mit Schweiz und Österreich – erstmals gemeinsame Sommertagung in Basel
Als Signal und länderübergreifenden Schulterschluss der Branche ist die künftige Zusammenarbeit des FAMA mit dem Schweizer Verband „Expo Event Swiss LiveCom Association“ und Österreichs Interes- sensvertretung „Messen Austria“ zu werten. Die drei Verbände verständigten sich darauf, ab dem kommenden Sommer eine gemeinsame Sommertagung (10. + 11. Juli 2023) zu veranstalten. „Die Alli- anz, die hier entsteht, hat in der D-A-CH-Region Gewicht“, so Könicke: „Wir freuen uns, damit den Austausch innerhalb der Kernregion weiter auszubauen und die Zusammenarbeit zu entgrenzen.“
Expo Event zählt derzeit 180 Mitglieder der Schweizer Messe- und Eventbranche. In der Interessensvertretung MESSEN AUSTRIA sind elf führende Messezentren Österreichs organisiert, die zugleich Messen veranstalten; als zwölftes Mitglied vertritt der Messeplatz Bozen die italienische Region Südtirol, die als Grenzregion eng mit Österreich verwoben ist.
FAMA – Zahl der Mitglieder wächst weiter
Auch innerhalb des FAMA stehen die Zeichen auf Wachstum. Mit jetzt 52 Mitgliedern verzeichnet der FAMA einen wachsenden Zuspruch. „Allein in den zurückliegenden fünf Jahren ist der Kreis der Mitgliedsunternehmen um 20 Prozent gestiegen“, so Constanze Kreuser. Auch bei den Tagungsteilnehmern konnte eine Steigerung verzeichnet werden. Mit 150 Tagungsteilnehmern – zuletzt waren es 110 gewesen – hat sich die Tagung seit dem Lockdown kräftig erholt und bewegt sich wieder in Richtung 200 – so viele wie zu Spitzenzeiten. Damit, so Kreuser, unterstreiche die Tagung ihre Rolle als führende Fachveranstaltung der Messewirtschaft in der D-A-CH-Region.
Die nächste Messefachtagung findet am 10. und 11. Juli 2023 in Basel statt.