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Freitag, 12. Dezember 2025

Nachlese zur Messefachtagung: In Münster wurde vorwärts gedacht


Zwei Tage lang diskutierten 130 Tagungsteilnehmer über die Lage und Herausforderungen im Messegeschäft. Ihre Botschaft: Trotz Transformation und technologischer Disruption sind Live-Erlebnisse das, was Menschen suchen – auch auf Messen. Von einer „Selbstbesinnung auf den Markenkern von Messen“ sprach Henning Könicke, Vorstandsvorsitzender des FAMA. Wie das aussehen kann, zeigten Beispiele aus den USA und aus Münster selbst. Auch das Zukunftsinstitut von Matthias Horx durfte da nicht fehlen (Bilder: Nico Herzog/FAMA).

Das Gute liegt manchmal ganz nah, vor der eigenen Haustür, etwa in Münster. Oder ganz weit weg, im Mittleren Westen der USA, in Iowa. Um beide Orte ging es zum Auftakt der FAMA-Messefachtagung, die auf Einladung von Messe und Congress Centrum Halle Münsterland in der Stadt des Westfälischen Friedens stattfand.

Münster und Des Moines, Iowa/USA - die 7.400 Kilometer Entfernung, die zwischen beiden Orten liegen, markierten gleich zu Beginn, was derzeit in der Messe- und Live-Event-Branche diskutiert wird – das eine als erfolgreiches Beispiel dafür, dass die Grenzen zwischen Show, Entertainment und Volksfest fließend sein können und viel Tradition vertragen, ohne an Anziehungskraft zu verlieren; das andere als Exempel, dass junge, neue Formate aus dem Nichts fast über Nacht äußerst erfolgreich sein können.

Junge Festival-Formate liegen im Trend


So wie die „data:unplugged“ – ein „junges“ Format, entstanden während Corona, ursprünglich als Podcast und inzwischen Europas größtes Festival für Daten & KI. Bis zu 15.000 Teilnehmende werden im kommenden März zur nächsten Ausgabe im MCC Halle Münsterland erwartet. Dort findet das Festival seit diesem Jahr statt.

Los ging alles vor nicht einmal drei Jahren, damals mit einem Masterclass-Treffen, zu dem etwas mehr als 50 Personen kamen, erinnern sich die beiden Gründer Dr. Bernard Sonnenschein und Marcel Windau: „Keine Kohle, keine Ahnung von Events, dafür viel Drive und Mut zum Risiko, daraus hat sich data:unplugged entwickelt. Dessen Kern sind Business, Education und Entertainment, die Form dafür ist bunt, divers, laut und trotzdem sehr professionell.“

Das kommt an. Egal, ob Großkonzerne, E-Commerce-Unternehmen, Digital-Start-ups oder deutsche Mittelständler – inzwischen sind mehr als 150 Unternehmen dabei, wenn in der Münsterlandhalle auf fünf Bühnen und in 40 Masterclasses mehr als 200 Rednerinnen und Redner ihr Digital-Know-how teilen und zwischendurch der Bass wummert, wenn Musik und Comedy on Stage sind.

Ein Konzept, das an die Online Marketing Rockstars und das OMR Festival in Hamburg erinnert. Mehr als 70.000 Teilnehmende kommen inzwischen jährlich zum europaweit größten Marketing- und DigitalFestival an die Elbe. Auch dieses Festival hatte einmal mit weniger als 200 Teilnehmenden begonnen. Das ist 14 Jahre her. Seitdem geht es bergauf. Erst vor einigen Jahren hatte OMR-Gründer Philipp Westermeyer das OMR-Konzept auf der FAMA-Messefachtagung in Frankfurt präsentiert.

Regionalität und Live-Experience wachsen weiter

Für Henning Könicke sind beide ein Beleg dafür, wie jung das Medium ist, wenn relevante Inhalte in neu definierten Formaten präsentiert werden. In dem Fall sei die Mischung aus Education und Entertainment ein Faktor: „Das ist zwar keine Blaupause zum Erfolg, doch der Trend nimmt zu. Trotz wachsendem Einsatz von KI und Big Data liegt inzwischen wieder ein verstärkter Fokus auf den Live-Experience-Qualitäten von Messen und Ausstellungen“, so der FAMA-Vorstandsvorsitzende.

Mega-Events mit Millionen-Publikum

In Iowa hat das eine lange Tradition. Seit 1846 findet hier eine der größten, traditionsreichsten und populärsten Shows der USA statt. Fast 1,2 Millionen Besucherinnen und Besucher kamen im vergangenen August zur Iowa State Fair. Auf einer Fläche von mehr als 1,6 Mio. m² ist sie einfach alles – landwirtschaftliche Ausstellung, Volksfest, Concert-Hall, Competition und „Celebration of Agriculture“, sagt Jeremy Parsons. Der Manager der Iowa State Fair war live aus Des Moines, Iowa/USA, zugeschaltet. Seine Faustformel: „80 Prozent Tradition, 20 Prozent neue Highlights und Events“ wurde in Münster zum geflügelten Wort.


Auch im anschließenden Deep Dive, in dem unter anderem Reto Gertsch das Konzept der BEA vorstellte, die als größte Publikumsmesse der Schweiz in Bern mit 330.000 Besucherinnen und Besuchern in Format und Machart viel Ähnlichkeit mit der Iowa State Fair hat.

Zwischen Innovation und Tradition – für Theresa Schleicher ist das kein Widerspruch. Sie gilt als eine der führenden Handels-Zukunftsforscherinnen in der DACH-Region und ist für das Zukunftsinstitut tätig. Ihr Befund auf der FAMA-Messefachtagung: „In der gegenwärtigen Omnikrise, bedingt durch Kriege, Rezession, Geopolitik und Klima, sind Faktoren wie neue Regionalität, Wellbeing und Healthy sowie das Erleben starker Communities positive Anker, die an Bedeutung gewinnen werden.“

Im Zeithorizont bis 2040 erwartet sie fünf wirksam werdende MegaTrends, die einen Impact auf Messen und Ausstellungen haben werden. Dazu zählen neben der Dynamik regenerativer Lösungen („Green Tech“) und dem steigenden Einsatz autonomer Systeme („Tech Evolution“) die Trends Health, Diversität und Regionalität sowie Community und Kommunikation. Hier sieht sie trotz der weiterhin anhaltenden Konsumzurückhaltung Chancen zum New Growth. Ein Konsum-Booster sei die Suche nach Schönheit und die Befriedigung hedonistischer Bedürfnisse. Darauf scheint selbst in der Krise Verlass zu sein, auch wenn Hendrik Hochheim, Leiter Messen Deutschland im AUMA, angesichts der aktuellen Konsumzurückhaltung „eher eine Seitwärtsbewegung“ bei den Publikumsmessen in Deutschland erkennt. Der Berliner Verband unterstützt das B2C-Fachforum, das im Rahmen der Messefachtagung am zweiten Tag stattfand.

Ein treffendes Schlusswort kam, noch bevor die FAMA-Messefachtagung zu Ende war. Es passte zu dem, was zwei Tage lang in Münster diskutiert worden war. Als Frank Mertz, Vertriebs-Chef der Messe Essen, sagte, es sei vielleicht an der Zeit „Dinge neu vom Kopf auf die Füße zu stellen und zu befreien von den Zwängen des Denkens in den Kategorien des Controllings und der (Selbst-) Regulatorik“, da traf er genau den Punkt. Denn Messen sind ein Ort der Kreation und nicht (nur) des Controllings. Genau deshalb sind sie überraschend anders und immer wieder neu. Und genau das zeigte sich in Münster.

Nächste Tagung in Bern

Die kommende Fachtagung findet – dann wieder als DACH-Messefachtagung veranstaltet von FAMA, Messen Austria und der Swiss LiveCom Association EXPO EVENT – an der BERNEXPO am 22. und 23. Juni 2026 statt.