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Freitag, 28. Juli 2023

Der Blick nach vorn: Echte Transformation ist für Erwachsene


Damit wir uns gar nicht erst falsch verstehen: Kinder sind großartig und sie transformieren sich und ihre Welt in atemberaubendem Tempo. Mit Leichtigkeit stellen sie alles in Frage und sind uns Erwachsenen in Sachen Experimentierfreude oder ihrer Lust auf Neues oft weit überlegen. Mühsam wird es (und darauf ziele ich ab), wenn Seniorität, Transformationswille, Veränderungsmacht und Realitätsbezug in ein Missverhältnis geraten. Dann haben wir es meist mit Populisten, Verschwörungstheoretikern, Ideologen oder Zockern (jeweils m/w/d) zu tun, die sich nicht (mehr) wie verantwortungsvolle Erwachsene, sondern wie trotzige Kinder benehmen. Und die drohen unsere Zukunft zu verspielen, worauf ich überhaupt keine Lust habe (Bild: Mandyme27 / Pixabay).

Dauerärgernis Deutsche Bahn

Die sozialen Medien sind voll von Schimpftiraden über die Deutsche Bahn. Die Häufung von Pannen, eigentlich muss man sagen: systemischen Dysfunktionalitäten, ist grotesk. Wer sich eine kleine Chance bewahren möchte, einen Termin pünktlich zu erreichen, muss zwei Züge früher starten. Das ist absurd! Und für die Veranstaltungswirtschaft wird diese Unzuverlässigkeit zum existenziellen Problem, zumal es da ja auch noch die von Außenstehenden schwer zu durchschauenden Arbeitskämpfe gibt. Wenn zu einer Messe, die nur alle zwei Jahre stattfindet, gestreikt wird, steht für alle Beteiligten unglaublich viel auf dem Spiel. Dass dadurch ein umweltfreundliches Mobilitätsangebot langfristig diskreditiert wird, kommt erschwerend hinzu. Erwachsene (z.B. beim Bund als Eigentümer) würden das Bahn-Problem einmal gründlich analysieren, dann die richtigen Schlüsse daraus ziehen und das Problem beseitigen. Doch darauf warten wir seit und vermutlich für weitere Jahrzehnte(n). 

Politische Kinderspiele

Auf dem politischen Spielfeld lässt sich diese Aufzählung fast beliebig fortsetzen. Der Klimawandel etwa wirbelt unsere Welt fast nach Belieben durcheinander und die politischen Lager streiten derweil über Technologieoffenheit und Taxonomien, unter anderem indem sie sich wechselseitig ideologische Verbohrtheit vorwerfen. Konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige. In dieser Sache bewegen wir uns tatsächlich rückwärts. Wer hätte gedacht, dass eine sogenannte „Fortschrittskoalition“ das hinbekommt? Die demokratische Opposition versteift sich derweil auf Nebensächlichkeiten und misst sich im Populismus mit faschistischen Zündlern, die sich ins Fäustchen lachen. Das Ganze nennt sich dann Kulturkampf, den aber jene, die ihn betreiben, nicht so genannt wissen wollen. Erwachsene hingegen würden den Dingen auf den Grund gehen, sich in der Sache hart, aber fair auseinandersetzen und einen Zukunftsplan entwerfen, verständlich kommunizieren und umsetzen. Doch davon sind wir noch weit entfernt. 

Es ist zum wahlweise depressiv oder verrückt werden, möchte man meinen. Gäbe es da nicht diese überraschenden und ermutigenden Beispiele für zivilgesellschaftliches oder privatwirtschaftliches Engagement. 

Ministerium für Neugier & Zukunftslust

Nehmen wir etwa das „Ministerium für Neugier & Zukunftslust“, eine Initiative geboren im österreichischen Linz. „Das wahre Problem unserer Zeit, das Problem meiner Generation, ist nicht, dass es uns nicht gutginge oder dass es uns in Zukunft schlechtergehen könnte. Nein, das wahre Problem ist, dass wir uns nichts Besseres vorstellen können“, werben sie mit dem Zitat von Rutger Bregmann (aus „Utopien für Realisten“) für ihre Initiative. Die will dafür sorgen, dass wir wieder mehr positive Vorstellungen von Zukunft schaffen. Sie strebt mehr Optimismus, Hoffnung und Fantasie an. Denn die Zukunft, so heißt es dort, bricht nicht über uns herein. Stattdessen haben wir die Kraft, sie zu gestalten. „Neugierde ist das wichtigste Konjunktur- und Zukunftsprogramm“, wird Wolf Lotter zitiert, der einen wichtigen Impuls für die Initiative gesetzt hat. Deren Aufruf „Seien wir mutig. Freuen wir uns auf die Zukunft“ hat Nachahmer verdient, die sich an der „Zukunftsnarrative Challenge“ beteiligen können. 

Vaude-CEO Antje von Dewitz

Noch handfester und zielstrebiger gehen es die Bergsportmarke Vaude und ihre CEO Antje von Dewitz an. In ihrem Linkedin-Profil schreibt sie: „Mich treibt die Vision an, mehr Lebensqualität durch nachhaltiges und zukunftsweisendes Wirtschaften zu erreichen. Ich sehe es täglich in meiner Arbeit, dass es möglich ist, den komplexen Problemen unserer Zeit zu begegnen, indem wir unsere unternehmerische Verantwortung ganzheitlich begreifen und uns selbst als Teil der Lösung verstehen.“ Dass es sich da nicht nur um hohle Phrasen handelt, beweist Vaude mit einem umfassenden Nachhaltigkeitsbericht, einer Gemeinwohlbilanz und der Tatsache, dass das Unternehmen seit 2022 über die gesamte globale Wertschöpfungskette hinweg klimaneutral ist (mit stetig abgebauten Rest-Kompensationen). „Das Prinzip des Wirtschaftens zum Wohle aller ist zu einem wichtigen Eckpfeiler und Innovationstreiber unserer nachhaltigen Transformation geworden“, formuliert Antje von Dewitz ihr Motiv. 

Richtige Erwachsene sind sich, wie wir sehen, ihrer Verantwortung bewusst und agieren mit professioneller Leidenschaft, zielstrebig an Fakten entlang. Sie erklären sich und suchen den kritischen Dialog. Sie hören gut zu und ermutigen andere zum Mitmachen. Wenn wir uns alle miteinander daran erinnern und das wieder zu unserer Handlungsmaxime machen, dann geht auch wieder etwas vorwärts. Da hab‘ ich Lust drauf – wer noch?