Messen sind Orte der Begegnung: Von Menschen unterschiedlichster Herkunft, Interessen, Vorlieben und unterschiedlicher Status (ja, Letzteres ist die korrekte Mehrzahl von Status). Deshalb kann fast jeder Messeveranstalter ein Lied von protokollarischen Stolperfallen singen, die sich auf dem diplomatischen Parkett versteckt halten. Ein besonderes Gipfeltreffen zweier Staatschefs jüngst in Anchorage gibt in diesem Kontext ein ganz eigenes Bild ab (Bild: Tumisu / Pixabay).
Kolumne von Oliver Schmitt
Wir alle erinnern uns, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unlängst im Weißen Haus von US-Präsident Trump und seiner Entourage im Oval Office abgekanzelt wurde. Auf internationalem Parkett eine ziemlich ungewöhnliche Sache, dass sich zwei Staatspräsidenten vor laufender Kamera einen verbalen Schlagabtausch liefern und der Gastgeber seinem unter unvorstellbarem Druck stehenden Gast die Tür weist.
Ganz anders jüngst in Anchorage: Der gleiche US-Präsident applaudiert einem per internationalem Haftbefehl gesuchten, mutmaßlichen Kriegsverbrecher, dem er zuvor einen roten Teppich hat auslegen lassen und den er mit allen Ehren empfängt. Doch die mediale Inszenierung scheint diesmal zumindest nicht ganz nach den Vorstellungen des sprunghaften MAGA-Anführers zu laufen, denn selbst in den eigenen Reihen regt sich Unmut darüber.
Das ist der Unterschied zwischen medialer Berichterstattung und dem Live-Ereignis Messen: Skurrile Inszenierungen bleiben auf Messen niemandem verborgen. Die Stimmung ist unmittelbar erlebbar und die feinen Signale von Mimik, Haltung und Zwischenmenschlichem sind für die Anwesenden spürbar.
Genau das macht die Sache für die protokollarisch Verantwortlichen von Messeveranstaltern so delikat. An allen Ecken und Enden lauern Fettnäpfchen. Profis haben sich daher eine ganze Reihe von Gepflogenheiten und (zumeist ungeschriebenen) Gesetzmäßigkeiten einfallen lassen, auf die man sich verlassen kann. Bis jetzt jedenfalls. Wenn das Gebaren despotisch-sprunghafter Selbstdarsteller Schule macht, dann wird das diplomatische Parkett auch auf Messen zunehmend rutschiger.
Aber wenigstens bleibt dem Publikum vor Ort nicht verborgen, was tatsächlich abläuft. Denn Messen sind unmittelbar, wahrhaftig und passieren in Echtzeit. Das ist eine ihrer größten Stärken, zusammen mit der in aller Regel ja doch verständnisfördernden Atmosphäre. Messen sind zutiefst friedliche und verständigende Begegnungs-Gelegenheiten, die wir in diesen Zeiten mehr denn je brauchen.