News

Informationsquelle FAMA-Blog

Hier bloggt der FAMA! Positionen, Kommentare, Meldungen zum Vereinsgeschehen und zur Messewirtschaft mit umfassendem Archiv.
Anregungen und Kommentare können Sie jederzeit per E-Mail an newsletter@fama.de schicken. Mitglieder sollten sich außerdem hier - falls noch nicht geschehen - zum FAMA-Newsletter anmelden, der derzeit acht Mal jährlich erscheint und der auch spezifischere Informationen und Anregungen enthält.

Montag, 3. April 2023

Der Blick nach vorn: Zutrauen oder zumuten?


Hinter uns liegen drei Jahre, in denen wir von einem Virus äußerst unsanft in die Schranken gewiesen wurden. Staatliche Stellen haben tief in Bürgerrechte und Märkte eingegriffen. Zudem wären in der Messewirtschaft die meisten ohne staatliche Hilfs- und Ausgleichszahlungen heute nicht mehr - oder völlig anders - am Start. In der Energiekrise wurden die staatlichen Bazookas aufs Neue geladen, um für einen Doppel-Wumms bereit zu stehen. Ob aus der Krise einzelner Banken noch eine Finanzkrise erwächst, die neuerliches staatliches Eingreifen verlangt, ist vorerst offen. Kriegen wir unsere Zukunft wirklich gar nicht mehr ohne Rettungspakete gewuppt (Bild: J.A. Velázquez/Pixabay)?

Kolumne von Oliver Schmitt

Felix Ekardt, Professor an der Uni Rostock, eckt regelmäßig mit seinen Artikeln auf Zeit Online an. In seiner jüngsten Einlassung plädiert er dafür, es bei den Preisen für fossile Energie jetzt langsam mal gut sein zu lassen mit den staatlichen Hilfen und Subventionen. Strom- und Gaspreisbremse, Tankrabatt und 9-Euro-Ticket seien nur wenige Beispiele dafür. Auch alteingesessene Subventionen wie Entfernungspauschale oder Dienstwagenprivileg stellt er auf den Prüfstand. Und doch verstummen die Rufe nicht, die Preissteigerungen bei fossiler Energie seien der Bevölkerung nicht zumutbar. Ekardt plädiert stattdessen für das Verursacherprinzip: Wer in einer bestimmten Weise lebt, müsse für die Folgen geradestehen. 

Die jetzige Praxis, so meint er, suggeriere hingegen, dass wir nicht für unsere alltäglichen Entscheidung geradestehen könnten, so wie hilflose Untertanen (die Entlastung wirklich Bedürftiger klammert er von seinen Überlegungen übrigens ausdrücklich aus). Robin Alexander, Politik-Redakteur der Tageszeitung „Die Welt“ hat mit ähnlicher Zielrichtung unlängst einen bemerkenswerten Twitter-Thread publiziert. Vom „Land der Dachdecker und Witwen im Eigenheim“ ist darin die Rede. Quintessenz: Aus übertriebener Fürsorge für Härtefälle eskalieren wir durch Untätigkeit sehenden Auges heute diejenigen Probleme, die uns in naher Zukunft mit Sicherheit auf die Füße fallen werden. 

Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, vor denen wir im Zuge der vielbeschworenen Zeitenwende stehen, wird es eine Zukunft ohne Zumutungen kaum geben. Schon weil unsere Ausgangsposition einfach zu komfortabel ist. Sicherheit und Frieden sind ohne Widerstand und Wehrhaftigkeit offensichtlich nicht zu haben. Die Auswirkungen des Klimawandels werden wir ohne schmerzliche Verhaltensänderungen und wirkungsvolle Innovationen nicht im erträglichen Rahmen halten. Und wir als Live-Marketer werden angesichts der unausweichlichen Nachhaltigkeitsanforderungen und den Verlockungen der Digitalisierung nur bestehen, wenn wir uns deren Notwendigkeiten und Errungenschaften zu eigen machen und uns ihr anschließen. Mit guten Ideen, überzeugender Umsetzung und dem uns eigenen, untrüglichen Gespür für Kundenbedürfnisse. Denn mit einer Portion mutigen Zutrauens verliert auch eine unbequeme Zumutung ihren Schrecken. Gemacht werden muss es ja sowieso.