Hier haben wir für Sie die Podien vom ersten Tag der FAMA Sommer-Fachtagung zusammengefasst.
Podium »Marketing-Automation« (Prof. Dr. Bauer)
Das von Prof. Bauer (DHBW Ravensburg) moderierte Podium bot Impulse von Michael Freter, Geschäftsführer von Reed Deutschland, und von Andrew Sanderson, Berater bei Ansaco Consulting zum Automatisierungspotenzial im Marketing der Messebranche.
In kurzen Impulspräsentationen, die an Stelle einer Vision Note zum Thema eingeführt wurden, konnte primär die Herangehensweise an eine Automatisierung von Marketingprozessen besprochen werden, da die Branche relativ zu z.B. dem E-Commerce noch am Anfang der Entwicklung steht.
Andrew Sanderson erläuterte die strategische Herangehensweise an das Thema Automatisierung in sechs Schritten. Die notwendige Entwicklung einer Vision im Marketing und CRM, ein strategischer organisationaler Fahrplan, das Setzen von Prioritäten, den Nutzen und die KPIs der Realisierung zu definieren und diese als lernfähige Organisation im Änderungsmanagement regelmäßig zu hinterfragen ist diesbezüglich der Weg, den Unternehmen plattformunabhängig gehen sollten.
Michael Freter erläuterte erste Erfahrungen aus der zweijährigen Arbeit mit eloqua, einer Marketing Automation Plattform von Oracle, die bei Reed Exhibitions bereits umfangreich über mehrere Medien und Touch Points entlang der Customer Journey eingesetzt wird. Neben der Erläuterung der Technik hob er insbesondere die Notwendigkeit eines Kulturwandels nebst einer Spezialisierung der Verantwortlichkeiten im Marketing hervor.
Prof. Bauer zeigte anhand von typischer CRM-Prozesskommunikation, wie Automatisierung mit häufig bereits verwendeter CRM-Software bzw. in bereits formalisierten und standardisierten Prozessen sukzessive entwickelt werden kann. Am Beispiel von E-Commerce Prozessen von HelloFresh und Analogien im Messewesen zeigte er wie Anstoßketten (time based) und anlassbezogene Kommunikation (trigger based) ausgesteuert werden können. Dies führt im Zielbild zu konsequenter und effektiver Kundenansprache, welche über die richtigen Kanäle und zum richtigen Zeitpunkt als Beratungsleistung (statt Werbung) wahrgenommen werden.
Fragen zur möglichen Entpersonalisierung des Kundenkontakts konnte eine vermutet hohe Akzeptanz der Automatisierung von CRM- und Marketingprozessen bei großer Kundenzahl entgegengestellt werden. Insbesondere wiederum der E-Commerce und die dort „erlernten“ Reaktionsgeschwindigkeiten sowie die hohe Akzeptanz für Self-Service Lösungen setzen auch die Rahmenbedingungen für unsere Branche.
Fazit: Die Marketingautomatisierung ist im Messewesen noch am Anfang, wird jedoch durch erste Akteure der Branche bereits konsequent verfolgt und zeichnet schon heute einen Wandel der Arbeit am Kunden und in der Leadgenerierung vor.
Podium »Technik« (Thilo Könicke)
Das von Thilo Könicke (AFAG) moderierte Podium bot Impulse von Prof. Peter Bradl (IREM), Clemens Hauser (Messe Düsseldorf) und Martin Glöckner (FAMA Justitiar).
Dabei erörterten die Diskutanten die Möglichkeiten aber auch die Grenzen des interdisziplinären Arbeitsablaufes.
Prof. Dr. Peter Bradl eröffnete mit der These, „Ich muss nicht das Geschäftsmodell meines Partners verstehen – ich muss wissen, welchen Mehrwert dieser liefert. Nur dann kann ich dynamisch agieren und bei Anpassungen oder Änderungsbedarfen die möglichen Auswirkungen auf den Gesamterfolg einschätzen.“ und erläuterte die systemischen Zusammenhänge eines Projektes – und damit die Auswirkungen auf die Resilienz einer Organisation bzw. Struktur.
Clemens Hauser (Executive Director Messe Düsseldorf) erläuterte am Beispiel der „endgültigen“ Realisierung eines Messestandes „in der Messehalle“ die Komplexität eines solchen Vorganges und veranschaulichte die Herausforderung. Er wies weiter auf den Gegensatz zur klassischen Projektarbeit hin, bei der Personen aus unterschiedlichen Disziplinen an verschiedenen Bereichen arbeiten (unterschiedliche Einzelziele haben).
Das für Ihn hervorzuhebende Alleinstellungsmerkmal interdisziplinärer Teams ist, dass diese Ziele verfolgen, die sie nur gemeinsam erreichen können.
Rechtsanwalt Martin Glöckner wies im Folgenden darauf hin, dass man hier aus juristischen Vorgängen lernen könne – der Anwalt kann ohne den Mandanten nichts erreichen und umgekehrt. Auch erläuterte er, dass bereits frühzeitiges Berücksichtigen von juristischen Fragestellungen den finalen Disput verhindern oder das Risiko für einen solchen minimieren kann.
Fazit: Erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit ist nicht selbstverständlich. Sie erfordert Respekt für Kollegen anderer Fachbereiche und Schwerpunktaufgaben, ein klares Bewusstsein über Stärken und Schwächen, sowie offene respektvolle Kommunikation und Reflexion der Prozesse und Ergebnisse. Der Aufwand lohnt sich allerdings, wenn durch die Kombination der Stärken aller Beteiligten neue innovative Lösungen für komplexe Herausforderungen gefunden werden.
Podium »Vertrieb« (Oliver Schmitt)
Das von Oliver Schmitt (agendum) moderierte Podium mit dem Titel »Reichweite – Relevanz – Rechtecke: Was verkaufen wir eigentlich unseren Kunden?« bot Impulse von Robert Sarcevic (Siemens), Guido von Vacano (Messe Stuttgart), Prof. Florian Bauer (Vocatus) und Stephan Peyer (ValueVision).
Zu Beginn lieferte Guido von Vacano seinen Impulsvortrag unter dem Titel »Vertrieb in einem toten Markt« – wobei er sogleich darauf hinwies, dass er seinen Titel noch vor Beginn der Corona-Pandemie gewählt habe. Wie lebendig das von ihm in Stuttgart verantwortete B2C-Portfolio ist, dokumentierte er mit eindrucksvollen Wachstumswerten. Systematischer Verstrieb sei für sein Team zunehmend eine Selbstverständlichkeit. Als weitere Erfolgsfaktoren in der Corona-Krise nannte er Vertrauen, Transparenz, Ehrlichkeit, Ideen-Management und die Umkehr ins Positive.
Prof. Bauer vom Pricing-Experten Vocatus riet in seinem Impuls »Die Psycho-Logik der Kunden systematisch nutzen« dazu, bei der Bepreisung hybrider Events nicht zu zaghaft zu agieren. Kunden wollten nicht entscheiden, sondern entschieden gemacht werden. Auch wenn viele Messemacher digitale Events derzeit vor allem als Notnagel sähen, bedeute das nicht, dass Kunden dafür nicht lukrative Preise zu zahlen bereit wären.
Stephan Peyer, vielen bereits von früheren FAMA-Tagungen als Speaker bekannt, wies in seinem Impuls mit dem Titel »Relevanz verkauft sich wie von selbst« auf den Wandel der Messen von der Nabelschau zur Ankerkommunikation. Für ihn komme es auf ein klares Werteversprechen und auf ökonomisch vertretbare und hybride Lösungen an. Denn der optimale Mitteleinsatz werde für die Kunden immer wichtiger.
Robert Sarcevic, Head of Fairs bei Siemens, beeindruckte das Plenum zuvor schon mit seiner Vision-Note. Auch im Podium erneuerte er seine Begeisterung für Messen, forderte aber auch mehr Transparenz und Kundennähe von Seiten der Veranstalter ein.
Fazit: Vertrieb im Messewesen fängt bei einem erneuerten Leistungsversprechen an, sollte beim Pricing hybride Ansätze selbstbewusst berücksichtigen und wird sich in Zukunft einem kritischen Hinterfragen des Mitteleinsatzes stellen müssen. Und: Live bleibt die Ankerkommunikation.