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Donnerstag, 9. Dezember 2021

Perspektive des Grauens: Geschäftsklimaindex der Veranstaltungswirtschaft


Seit Mai 2021 berechnet das ifo Institut auf Basis seiner Konjunkturumfragen auch Konjunkturindikatoren für die deutsche Veranstaltungswirtschaft. Der vorliegende Artikel geht zunächst darauf ein, welche Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft zugerechnet werden, und beschreibt anschließend die aktuellen Entwicklungen. Nach wie vor wird die Geschäftslage in diesem Bereich als sehr schlecht bewertet. Zwar konnten die Umsätze in den vergangenen Monaten gesteigert werden, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Bezüglich der weiteren Entwicklung herrscht zudem erhebliche Unsicherheit vor.

Von Stefan Sauer und Klaus Wohlrabe (veröffentlicht vom Forum Veranstaltungswirtschaft; der Artikel basiert größtenteils auf "Sauer und Wohlrabe (2021)" und enthält aktualisierte Ergebnisse).

Die Veranstaltungswirtschaft ist und war eine der am meisten von der Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogenen Branchen innerhalb der deutschen Wirtschaft. Seit Beginn der Pandemie konnten geplante Events, wie etwa Konzerte oder Messen, größtenteils gar nicht oder nur mit erheblichen Hygieneauflagen stattfinden.

Die Veranstaltungsbranche umfasst Unternehmen und Betriebe aus verschiedensten Wirtschaftsbereichen hauptsächlich im Dienstleistungssektor. Daher taucht die Veranstaltungswirtschaft in der Wirtschaftszweigklassifikation der amtlichen Statistik nicht als eigens ausgewiesene Branche auf (Statistisches Bundesamt 2008). Auch in den ifo Konjunkturumfragen wurden bisher keine Konjunkturindikatoren für diesen Wirtschaftsbereich berechnet. Diese Lücke wurde nun in Kooperation mit verschiedenen Verbänden geschlossen durch gezielte Neuaufnahme von Umfrageteilnehmern aus der Veranstaltungsbranche. Zudem wurde geprüft, welche bereits teilnehmenden Unternehmen in der Umfrage der Veranstaltungsbranche zugerechnet werden können. Mit der Information, ob ein Unternehmen in der Veranstaltungswirtschaft tätig ist oder nicht, sowie einer signifikanten Ausweitung der Teilnehmerzahl konnten Berechnungen für diesen neuen Bereich implementiert werden. Die teilnehmenden Betriebe decken ein weites Spektrum ab, unter anderem fallen darunter Catering, PR, Gerätevermietung, Arbeitskräfteüberlassung, Security usw. für Veranstaltungen sowie Messeveranstalter1, Kinos, Diskotheken, Theater und weitere Veranstalter.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Veranstaltungswirtschaft

Laut Zanger und Klaus (2021) machte die Veranstaltungswirtschaft 2019 einen Umsatz von 81 Milliarden Euro. Dabei sind aber keinerlei Effekte abgedeckt, welche durch Veranstaltungen auf andere Branchen haben können. Dies umfasst z.B. Reise- und Übernachtungskosten sowie Verpflegungsausgaben, welche im Bereich Tourismus und Gastronomie zum Tragen kommen. Um eine Vergleichszahl zu nennen: Die Automobilbranche erwirtschafte im gleichen Jahr 436 Milliarden Euro. Dies zeigt, dass die Branche eine wichtige Rolle spielt. Die Autoren schätzen auf Basis von Befragungen, dass die Branche im Krisenjahr 2020 einen Umsatzverlust von 76,6% verkraften musste. Von den Unternehmen sind rund 50% Kleinstunternehmen und Soloselbständige. Diese genieren auch den höchsten Umsatzanteil. Großunternehmen mit mehr als 50 Millionen Umsatz pro Jahr sind eher selten zu finden. Mit rund 28 Milliarden Euro generiert der Bereich Messebau und Technik den größten Anteil des Umsatzes. An zweiter Stelle folgen die Veranstalter mit knapp 14 Mrd. €. Die Veranstaltungswirtschaft umfasst rund 243.000 Unternehmen mit ca. 1,13 Millionen Erwerbstätigen. Die Beschäftigung erstreckt sich über ganz Deutschland und hat Konzentrationspunkte u.a. im Ruhrgebiet, Hamburg, Berlin und München.

Erste Ausgewählte Ergebnisse

Seit Mai 2021 können alle Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen daher auch für die Veranstaltungswirtschaft ausgewiesen werden. Die Berechnungen der Ergebnisse erfolgen dabei nach der Standardmethodik, die etwa auch für den ifo Geschäftsklimaindex Deutschland verwendet wird (Sauer und Wohlrabe 2020). Die Antworten der Unternehmen werden gemäß ihrer Größe gewichtet. Eine Gewichtung entlang der verschiedenen Branchen findet nicht statt. Alle Indikatoren für die Veranstaltungswirtschaft sind derzeit allerdings noch nicht saisonbereinigt, da es dafür zuerst längerer Zeitreihen über mehrere Jahre bedarf (Sauer und Wohlrabe 2015).

Die Umfrageergebnisse in den ersten Monaten seit Einführung der neuen Auswertung zeigen eine große Unzufriedenheit der Unternehmen aus der Veranstaltungswirtschaft mit ihrer aktuellen Geschäftssituation (Abb. 1). Diese war zuletzt zwar deutlich weniger stark ausgeprägt als noch im Mai, allerdings bezeichneten immer knapp 50% der Umfrageteilnehmer die Geschäftslage als schlecht. Mit Blick auf die Zukunft ist mit einer deutlichen Verschlechterung zu rechnen. Die Erwartungen stürzten im November regelrecht ab und waren von deutlichen Pessimismus geprägt. Knapp 43% der befragten Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung der laufenden Geschäfte.

Wie bereits ausgeführt, sind die vorliegenden Daten noch nicht saisonbereinigt, zudem wird das Panel gerade erst aufgebaut. Die vorliegenden Zahlen müssen deshalb noch mit Vorsicht interpretiert werden. Dennoch soll das Geschäftsklima für die Veranstaltungswirtschaft mit dem Dienstleistungssektor sowie der Gesamtwirtschaft verglichen werden, um eine erste Einordnung zu ermöglichen. Dies erfolgt in Abbildung 2. Es zeigt sich, dass das Niveau des Geschäftsklimas für die Veranstaltungswirtschaft deutlich unterhalb des Dienstleistungssektors und der Gesamtwirtschaft liegt. Letztere zeigen einen sehr ähnlichen Verlauf. Auffällig ist, dass bis Oktober das Geschäftsklima in der Veranstaltungswirtschaft im Gegensatz zu den anderen beiden aufwärtsgerichtet war. Im November hat sich das Geschäftsklima in der Veranstaltungswirtschaft deutlich stärker verschlechtert. Für einen grundsätzlichen Vergleich und eine Einschätzung sind jedoch deutlich mehr Beobachtungen notwendig.

Seit Mai 2021 können alle Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen daher auch für die Veranstaltungswirtschaft ausgewiesen werden. Die Berechnungen der Ergebnisse erfolgen dabei nach der Standardmethodik, die etwa auch für den ifo Geschäftsklimaindex Deutschland verwendet wird (Sauer und Wohlrabe 2020). Die Antworten der Unternehmen werden gemäß ihrer Größe gewichtet. Eine Gewichtung entlang der verschiedenen Branchen findet nicht statt. Alle Indikatoren für die Veranstaltungswirtschaft sind derzeit allerdings noch nicht saisonbereinigt, da es dafür zuerst längerer Zeitreihen über mehrere Jahre bedarf (Sauer und Wohlrabe 2015).

Die Umfrageergebnisse in den ersten Monaten seit Einführung der neuen Auswertung zeigen eine große Unzufriedenheit der Unternehmen aus der Veranstaltungswirtschaft mit ihrer aktuellen Geschäftssituation (Abb. 1). Diese war zuletzt zwar deutlich weniger stark ausgeprägt als noch im Mai, allerdings bezeichneten immer knapp 50% der Umfrageteilnehmer die Geschäftslage als schlecht. Mit Blick auf die Zukunft ist mit einer deutlichen Verschlechterung zu rechnen. Die Erwartungen stürzten im November regelrecht ab und waren von deutlichen Pessimismus geprägt. Knapp 43% der befragten Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung der laufenden Geschäfte.

Wie bereits ausgeführt, sind die vorliegenden Daten noch nicht saisonbereinigt, zudem wird das Panel gerade erst aufgebaut. Die vorliegenden Zahlen müssen deshalb noch mit Vorsicht interpretiert werden. Dennoch soll das Geschäftsklima für die Veranstaltungswirtschaft mit dem Dienstleistungssektor sowie der Gesamtwirtschaft verglichen werden, um eine erste Einordnung zu ermöglichen. Dies erfolgt in Abbildung 2. Es zeigt sich, dass das Niveau des Geschäftsklimas für die Veranstaltungswirtschaft deutlich unterhalb des Dienstleistungssektors und der Gesamtwirtschaft liegt. Letztere zeigen einen sehr ähnlichen Verlauf. Auffällig ist, dass bis Oktober das Geschäftsklima in der Veranstaltungswirtschaft im Gegensatz zu den anderen beiden aufwärtsgerichtet war. Im November hat sich das Geschäftsklima in der Veranstaltungswirtschaft deutlich stärker verschlechtert. Für einen grundsätzlichen Vergleich und eine Einschätzung sind jedoch deutlich mehr Beobachtungen notwendig.

Abb. 1: Klima, Lage und Erwartungen in der Veranstaltungswirtschaft


Abb. 2: ifo Geschäftsklima im Vergleich


Darüber hinaus zeigt eine große Mehrheit der Unternehmen gegenwärtig nach wie vor eine große Unzufriedenheit mit dem Auftragsbestand. Mehr als die Hälfte der Unternehmen bezeichneten diesen als schlecht. Bis Oktober gab es noch Hoffnung auf Besserung. Diese ist im November verschwunden.

Nach verschiedenen Problemfeldern aufgrund der Pandemie befragt, ergab sich für die Veranstaltungswirtschaft in mehreren Bereichen eine im Vergleich zur Gesamtwirtschaft erheblich höhere Betroffenheit. Als größte Schwierigkeiten wurden dabei Probleme auf den Absatzmärkten sowie staatliche Auflagen angeführt. Aber auch die negativen Auswirkungen auf die finanzielle Situation sind für viele kulturschaffenden Unternehmen deutlich zu spüren (Abb. 3). Diese Probleme zusammengenommen führen dazu, dass sich im Juni 70% der teilnehmenden Betriebe der Veranstaltungswirtschaft in ihrer Existenz bedroht sahen. Dieser Anteil liegt erheblich über dem im gesamten Dienstleistungssektor (20%) oder deutschen Gesamtwirtschaft, wo sich etwa jedes siebte Unternehmen in einer existenzbedrohlichen Lage befindet (ifo Institut 2021).

Abb. 3: Problemfelder der Veranstaltungswirtschaft im Vergleich zur Gesamtwirtschaft 


Ausblick

Die Veranstaltungswirtschaft ist eine sehr heterogene Branche mit großer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. In der offiziellen Statistik ist sie nicht als Gesamtaggregat abgebildet. Das ifo Institut hat mit Hilfe verschiedener Verbände, die die Veranstaltungswirtschaft repräsentieren, Unternehmen aus diesem Bereich für die Umfrage gewonnen. Darauf aufbauend wird seit Mai ein Geschäftsklima für die Veranstaltungswirtschaft berechnet. Dieser Artikel stellt diesen Index und erste Ergebnisse vor. Letztere müssen noch mit Vorsicht interpretiert werden, da die Zeitreihe noch recht kurz ist und deshalb nicht saisonbereinigt werden kann. Die Ergebnisse werden zukünftig regelmäßig vom ifo Institut veröffentlicht. Zudem werden Sie den Verbänden und Unternehmen zur Verfügung gestellt.


Literatur

ifo Institut (2021): „Weniger Unternehmen sehen Existenz durch Coronakrise bedroht“, Pressemitteilung vom 13.07.2021, online verfügbar unter: https://www.ifo.de/node/64115

Penzkofer, Horst (2021): „Branchen im Fokus: Messebranche“, ifo Schnelldienst 74(10), 88-94.

Sauer, Stefan und Klaus Wohlrabe (2015). „Die Saisonbereinigung im ifo Konjunkturtest– Umstellung auf das X-13ARIMA-SEATS-Verfahren“, ifo Schnelldienst 68 (01), 3242.

Sauer, S. und K. Wohlrabe (2020): „ifo Handbuch der Konjunkturumfragen", ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung 88, ifo Institut.

Sauer, S. und K. Wohlrabe (2021): „Ein Geschäftsklimaindex für die Veranstaltungswirtschaft“, ifo Schnelldienst 74(11), 39-43.

Statistisches Bundesamt (2008), „Klassifikation der Wirtschaftszweige“, Wiesbaden. Zanger, Cornelia und Kerstin Klaus (2021): „Landkarte Veranstaltungswirtschaft“, Studie der Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft e.V. in Kooperation mit dem R.I.F.E.L. e.V. und der TU Chemnitz, online abrufbar unter www.zaehl-dazu.de (Oktober 2021).